Speeddating nach K.O.-Prinzip – Massenphänomen Tinder

Oberflächlich – praktisch – gut? Tinder hat die Handys der Singles im Sturm erobert. Nicht nur in Deutschland, weltweit sorgt die Dating-App für Aufruhr. Dabei ist das Prinzip so simpel: Man klickt sich durch Profile durch. Der erste und rein optische Eindruck eines einzelnen Bildes entscheidet im Bruchteil einer Sekunde über das willkürliche Schicksal. Ein Wisch nach rechts – Gefällt mir! Nach Links – Nein, danke. Zack, zack – ganz einfach. Klingt eigentlich super praktisch und unkompliziert, und trotzdem ist der Ruf von Tinder alles andere als rosig. Wer die wahre Liebe sucht, ist hier fehl am Platz, heißt es. Schließlich sind Dating-Plattformen immer voll von Freaks und Perversen. Viele Paare wollen gar nicht erst zugeben, dass sie sich im Internet kennengelernt haben – ist eben einfach nicht romantisch. 

Das online „Speeddating“ scheint ein Phänomen der heutigen Generation zu sein. Aber seien wir doch mal ehrlich: Hätte es vor 20-30 Jahren die selbe Technologie gegeben, hätten unsere Eltern es doch genauso gemacht. Warum Tinder die Menschen so fasziniert und worauf du dich in der Dating-App gefasst machen solltest, erfährst du hier.

Man muss viele Frösche küssen… 

Jackpot! Er hat noch alle Zähne, wohnt mit Anfang 30 nicht immer noch bei Mutti und hat bislang noch nicht versucht, dir an die Wäsche zu gehen. So einen Goldschatz zu finden ist schwer, wer schon eine Weile auf Tinder unterwegs ist weiß das. Die Dating-App hat allerlei Psychopathen, Freaks, Muttersöhnchen und notgeile Typen, die auf eine schnelle Nummer aus sind, zu bieten. Ja, beim Online-Dating kriecht wirklich so einiges aus dem Keller.

Die Frage ist aber auch, wonach du suchst? Du hast also die Qual der Wahl. Wonach dir selbst ist, liegt in deiner Hand. Suchst du nach etwas festem, beständigem, siehst du es locker und lässt alles auf dich zukommen, willst du es dir einfach nur mal richtig gut gehen lassen oder suchst du nach einer reinen Freizeitbeschäftigung? Auch kann dir Tinder helfen alle Restaurants der Stadt näher kennen zu lernen! Als Kulinarik-Fan mit Unterhaltungsfaktor hat das doch sicher auch was.Ein Katalog zum Stöbern und (meist) Singles – shoppen, die deinem Typ und deiner Intention entsprechen. Na das klingt doch erst mal ganz interessant, oder?

Wir stellen dir die häufigsten Tinder-Typen vor, auf die du ganz sicher treffen wirst, bevor du den Richtigen findest:

Der Hengst – Der Hengst ist der Typ Mann, der dir auch auf der Straße nachpfeifen würde. Alles was Titten hat, wird von ihm natürlich nach rechts gewischt. Sein Profilbild, wie könnte es anders sein, ist von seinem nackten Oberkörper. (Natürlich durchtrainiert bis zum geht nicht mehr). Er scheint ein endloses Repertoire an geschmacklosen Sprüchen und Witzen zu haben und nimmt nie ein Blatt vor den Mund. Nein, Romantik ist wahrlich nicht seine Stärke. Es wird alles versprochen und du merkst ihm das Geheuchelte schon gegen den Wind an. Er erzählt dir genau das, was du hören willst egal welche Intention ihn wirklich antreibt. Hat er was er will, was sich meist nicht einmal gelohnt hat, ist er auch schon wieder weg. Das Gute bei Tinder: Mit deinem guten Gespür kannst du jederzeit in Deckung gehen!

Der verletzte Romantiker – Oder wie ich ihn gerne nenne: Der „Hab-grade-eine-Beziehung-hinter-mir“-Typ. Das ist natürlich ein ganz geschickter Schachzug. Gut, zugegeben: Bei manchen Fällen entspricht das tatsächlich der Wahrheit. Allerdings scheinen es sich einige Herren in diesem Zustand geradezu gemütlich zu machen. Diese Kandidaten sind dann auch noch nach 3 Jahren „frisch getrennt“. Wieso auch nicht? Schließlich ist das Ganze furchtbar praktisch. Er kann weiterhin begründen wieso er sich, auch nach eurer zehnten Nacht zusammen, nicht binden will und das ohne seine weiße Weste zu beschmutzen. Ein Großteil der Männerwelt scheint es nicht zu schaffen, ihre wahren Gedanken auf den Punkt zu kommunizieren.

Der Torschluss-Paniker – Ganz anders ist da der Torschluss-Paniker. Für ihn kann alles gar nicht schnell genug gehen. Er will sich binden, heiraten und eine Familie gründen, am besten jetzt gleich. Bei den ersten Dates werden direkt die Fakten gecheckt, passt alles? Na dann kann es direkt los gehen. Das erste „Ich liebe dich“ lässt nicht lange auf sich warten und bereits beim 3. Date tauchen beunruhigende Aussagen auf, wie: „Und wann ziehst du bei mir ein?“  oder „Wir hätten bildschöne Kinder.“ Nicht aus der Ruhe bringen lassen und lieber jemanden suchen, der auf derselben Wellenlänge ist wie du.

Der Fremdgeher – Er ist gebildet, charmant, gutaussehend und einfach viel zu gut um wahr zu sein. Manchmal sollte man eben doch auf sein Bauchgefühl hören. Nach ein paar traumhaften Dates und gemeinsamen Nächten heißt es dann: „Du, ich muss dir noch was sagen…“ Und dann kommt der Schock: Dein Traumprinz ist seit vielen Jahren verheiratet und hat ganz nebenbei auch bereits zwei Kinder. Mit der Gattin läuft’s natürlich schon lange nicht mehr gut. Er sucht Abwechslung und Bestätigung und braucht dringend mal eine Pause vom „stressigen Familienalltag“. Tja, jetzt heißt es entweder beide Augen zudrücken oder sofort den Kontakt abbrechen. Die Entscheidung liegt bei dir.

Der Schnösel – Mein Haus, mein Wagen, mein Boot… Ja, dieser Tinder-Typ redet viel und gerne. Vor allem, wenn es um sein Lieblingsthema geht: Um ihn selbst. Er hat Stil, das kann man nicht leugnen. Doch wenn die Persönlichkeit so schmierig ist, dass man das Bedürfnis verspürt, sich nach jedem Händeschütteln abzuduschen, kommt man damit auch nicht weit.

Der Fake – Traurig aber wahr. Auch auf der Dating-App Tinder sind jede Menge Fake-Profile unterwegs. Die Gründe für das falsche Profil sind verschieden. Man will nicht erkannt werden, man hat etwas zu verheimlichen, aber auch diejenigen, die sich einen Spaß erlauben sind gut vertreten. Wer wirklich am anderen Handy sitzt, kann man nie wissen. Bevor ihr euch also zu einem Treffen verabredet und du unsicher bist, am besten erstmal per Videochat prüfen ob er auch der ist, der er sagt.

Swipe, swipe – Der Nächste, bitte 

Die Partnerwahl auf Tinder funktioniert ganz einfach nach dem K.O.-Prinzip. Katharina aus der Liebeslustzentrale ist seit gut zwei Jahren selbst auf Tinder unterwegs und hat schon einiges erlebt, sowohl Positives als auch Negatives. Die Entscheidung, ob sie nach rechts oder links swiped, fällt sie innerhalb von Millisekunden. Wer nicht passt wird weggewischt. Und das ist schnell geschehen: Die Pose gefällt nicht, falsche Haarfarbe, er trägt ein Shirt von einer Band die man nicht leiden kann, oder er ist ganz einfach einen Kilometer zu weit entfernt. Auf Profile geht sie nur selten. Kurze persönliche Beschreibung gibt es zwar, aber viele lassen diese auch einfach weg… Liest ja sowieso keiner. Und wenn tatsächlich eine Beschreibung vorhanden ist, ist die meist auch nicht gerade das Gelbe vom Ei. Über Sätze wie: „Ich habe ein Unternehmen und 6 Autos.“ oder „Ich bin bereit zu Analsex, auch beim ersten Date.“ und „Wenn wir ausgehen zahlst du.“ darf man sich auf Tinder nicht wundern. Überlegt mal wie schräg diese Aussagen zum Kennenlernen in einer Bar klingen würden. Da ist es kein Wunder, dass die Profile erst interessieren, wenn auch das Äußerliche passt. Wie die meisten Tinder-User geht Katharina nach einem ganz bestimmten System vor: Sie bestimmt, in welchem Alter die angezeigten User sein sollen und wie weit entfernt sie sein dürfen. Hat sie so kein Glück, kommt eben noch ein Jahr hinzu und der Suchradius wird vergrößert. Nach diesem Schema wird Tinder systematisch abgegrast.

Dating für zwischendurch 

Tinder mag zwar locker und unkompliziert sein, dafür aber auch ganz schön oberflächlich. Katharina verrät mir, wieso sie die App trotzdem regelmäßig nutzt: Es entspannt und vertreibt auch die Langeweile, sagt sie. Ein Match zu finden geht schnell und man muss das Haus, ja nicht mal das Bett verlassen. Nervige Typen werden einfach geblockt und Schreiben ist ja ohnehin nur möglich, wenn auch Interesse auf beiden Seiten besteht. „Beweggründe gibt es viele.“, sagt Katharina: Liebe, Sex, aber auch Neugierde. Doch vor allem der Bestätigungsfaktor, den Tinder mit sich bringt, spielt eine große Rolle, da ist sie sich sicher. Tinder verrät dir sozusagen deinen „Marktwert“ und ein erfolgreiches Match stärkt natürlich das Ego. Katharina gibt zu: Ein gewisser Suchtfaktor ist schon dabei.

Generation Beziehungsunfähig? 

Leute kennenlernen ist so leicht wie noch nie. Fröhlich hüpft man von einem Date zum nächsten. Nur darin, eine Beziehung auch wirklich aufrecht zu erhalten, tun wir uns scheinbar schwer. Soll diese Generation tatsächlich beziehungsgestört sein? Wieso dann doch nie etwas Ernstes aus den Tinder-Begegnungen wird, hat sich auch Katharina schon gefragt. Sie erzählt mir die Geschichte von ihrem besten Tinder-Date:

„Ich hatte ihn über Tinder kennengelernt, was ein Riesenzufall war, weil er eigentlich gar nicht mehr in der Gegend wohnt. Wir hatten über zwei Wochen jeden Tag geschrieben und uns Bilder geschickt, als ich Freitagabend mit meinen Freunden in der Stadt unterwegs war. Er war beim Grillen und wir waren schon wieder die ganze Zeit am Schreiben, als die Frage kam „Können wir uns nicht einfach heute noch sehen?“. Wir beide hatten schon etwas getrunken – die Frage nach dem Auto war somit erledigt. Da der Alkohol zudem schon etwas wirkte, beschlossen wir spontan, nachts um 1, dass ich mit einem Taxi kommen könnte. Meine Freunde fanden diese Idee natürlich nicht so besonders – immerhin war es „ein völlig Fremder aus dem Internet“. Aber das war mir egal – ich wollte diesen Mann unbedingt kennenlernen. So ging ich schnell nach Hause, hüpfte unter die Dusche und dann war das Taxi auch schon da. Dort angekommen, nahm mich ein gutaussehender, gutgelaunter junger Mann in Empfang. Nach einem sehr langen Gespräch über Gott und die Welt beschlossen wir, zu ihm zu gehen. Mit zwei Flaschen Bier in der Tasche, machten wir uns auf den Weg in seine Unterkunft (Ich sage Unterkunft, weil es nur ein Fremdenzimmer mit Bett, Schrank und Bad war). Wir setzen uns aufs Bett, machten die Musik an und das Gespräch ging weiter. Ich dachte die ganze Zeit „Oh Mann, ich würde ihn so gern küssen, aber ich trau mich einfach nicht“. Irgendwann schaute er mich an und küsste mich endlich. In diesem Moment hatte ich ein so starkes Kribbeln im Bauch wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Das war dann auch der Anfang einer sehr langen Nacht. Eigentlich haben wir keine Minute geschlafen, weil wir einfach nicht die Finger voneinander lassen konnte. Als es dann draußen auch noch hell wurde, waren wir erstaunt wie wach wir doch noch sind. Bis morgens um 10 lagen wir einfach im Bett, nackt, umeinandergeschlungen. Der Kontrollanruf meines besten Freundes hat uns dann dazu bewegt, dass wir doch noch einiges auf dem Plan hatten. Wir sind aufgestanden, haben uns angezogen und das Haus verlassen. Ich war total verunsichert, wie ich mich verabschieden sollte, aber auch dem ist er zuvorgekommen und hat mich einfach geküsst. Ich bin nach Hause und war in dem Moment gefühlt die glücklichste Frau auf der Welt. Das Ganze war jetzt vor über zwei Jahren und dennoch haben wir immer noch Kontakt. Wir haben uns noch öfter getroffen. Er ist ein fester Bestandteil meines Lebens geworden und ich möchte ihn auch nicht missen. Eine feste Beziehung ist aus uns jedoch nie geworden – warum? Das haben wir uns vor kurzem erst auch wieder gefragt.“

Ja, warum eigentlich? Katharina ist nicht die einzige, die sich diese Frage stellt. Das Friends with Benefits Beziehungsmodell ist schließlich auch mehr als verlockend. Es verspricht risikofreies Dampfablassen. Es mag sein, diese Generation hat eine völlig neue Art des Datings entdeckt. Der Titel Generation beziehungsunfähig ist meiner Meinung nach trotzdem Schwachsinn. Das Online-Dating bietet Singles einfach mehr Auswahl. Das ist alles was sich geändert hat und hat meiner Meinung nach nichts mit der Lebenseinstellung der heutigen Generation zu tun. Man will sich ganz einfach seine Möglichkeiten offenlassen und sichergehen, dass der Andere auch der Richtige ist, anstatt kopfüber in die Beziehung zu springen. Fast wie bei einem Autokauf: Ansehen, mal reinsitzen, wenn das Gefühl passt eine Runde drehen. Vielleicht erst mal leasen bevor man die Karre tatsächlich kauft? Und ist das denn wirklich so verkehrt?

Noch viel Erfolg im Single-Dschungel, jede Menge Ausdauer und liebeslustige Grüße wünsche ich euch

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